Im Jahr 2012 dürften die meisten Menschen zum ersten Mal bewusst in ihrem Leben vom LIBOR gehört haben.

Es stellte sich heraus, dass zahlreiche Großbanken diesen zu ihrem Vorteil manipuliert hatten.

Die meisten Personen taten dies mit einem Schulterzucken ab, schien der LIBOR sie doch nicht zu betreffen, doch diese Annahme ist falsch, da sie nicht das ganze Bild in den Blick nimmt.

Was ist der LIBOR?

LIBOR

LIBOR ist eine Abkürzung für London Inter Bank Offered Rate.

Es handelt sich also um den Zinssatz, zu dem sich Banken am Finanzplatz London gegenseitig Geld leihen.

Werktags fragt die 'British Bankers' Association' um 11:00 ab, zu welcher Rate ein Geldhaus einem anderen Finanzinstitut ein Darlehen geben würde.

Welche Bedeutung hat der LIBOR für Privatpersonen?

Der so ermittelte Wert gilt rund um den Globus als einer der wichtigsten Leitzinsen, weil die zentralen Banken des Planeten ihre Angaben gemacht haben und die Zentralbanken außen vor bleiben. Der Zinssatz ist so tatsächlich der Puls der Geld- und Kapitalmärkte.

Für Privatpersonen bedeutet dies, dass sie für Anleihen oder sonstige Darlehen mit einem leicht höheren Zinssatz rechnen müssen, da die Banken eine Gewinnspanne benötigen.

  • Die Höhe des LIBORs entscheidet maßgeblich, was jedes Finanzprodukt kostet.

Was geschah beim LIBOR-Skandal?

Diese riesige Macht des LIBORs führte zu seiner Manipulation: Die Banken (oder auch nur ihre Händler - dies ist nicht abschließend geklärt) drückten den Zinssatz nach unten oder nach oben, wenn sie gewisse Finanzprodukte stärken schwächen wollten.

Die Rechnung ging auf. Heute lauten vorsichtige Schätzungen, dass Anleger aller Art durch den Skandal insgesamt eine elfstellige Summe verloren haben.

Verstärkte Kontrollen und ein leicht verändertes Verfahren der Abfrage sollen verhindern, dass es noch einmal zu einer Manipulation kommen kann.

Der LIBOR heute: Die Entwicklung nach dem Skandal für Deutschland

Nach dem LIBOR-Skandal hofften weltweit Millionen Geschädigte auf Entschädigungszahlungen. Auch in Deutschland beeinflusst der Referenzzins (sowie LIBORs europäische Erscheinungsform Euribor) die Bankgeschäfte. So orientieren sich beispielsweise einige Sparkonten und Sparpläne der Volksbanken und Sparkassen an dem Bankenzins.

Aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme Amerikas und Deutschlands gestaltet sich die Klage deutscher Geschädigter in Amerika schwierig. Außerdem lohnt sich der Gang vors Gericht nur für Kläger mit dem nötigen Kapital in der Hinterhand. Dazu kommt, dass die Manipulation sehr schwer nachzuweisen ist, da der Zinssatz nicht nur nach oben sondern auch nach unten manipuliert wurde.

  • Die Deutsche Bank wurde aufgrund Verwicklungen in den LIBOR-Skandal zu einer Gesamtstrafe von 2,5 Millionen Dollar verurteilt - als Vergleichszahlung für Geschädigte in Großbritannien und Amerika.

Wird der LIBOR ersetzt werden?

Da nur noch wenige Banken zur Teilnahme an der Berechnung des LIBORs bereit sind, sucht die Aufsichtsbehörde FCA seit 2017 nach einem Ersatz für den Referenzzins. Bis 2021 soll ein zuverlässigeres System gefunden werden. Wie genau das aussehen könnte, ist bis heute nicht klar.

Was ist die LIBOR-Hypothek?

Dieses auch Geldmarkthypothek oder Rollover-Hypothek genannte Bankendarlehen zeichnet sich durch feste Laufzeit und am Kapitalmarktzins orientiertem Zinssatz aus. Bei dem Roll-over-Kredit wird der Zinssatz am LIBOR ausgerichtet. Je nach Kundenentscheidung werden die Zinsanpassungen in Abständen von 1,3, 6 oder 12 Monaten vorgenommen.

  • In der Bankensprache werden langfristige Realkredite meist als Hypothekendarlehen bezeichnet. Sie dienen der Finanzierung von Immobilien.

Im Unterschied zu einer Festhypothek fällt die Rollover-Hypothek meist günstiger aus, denn fallende Zinsen am Geldmarkt beeinflussen den Bankenzins und lassen die Hypothekenzinsen sinken. Dies kann natürlich bei steigendem Referenzzinssatz auch ein Risiko bergen.

Wie kann ich das Risiko bei einer LIBOR-Hypothek eindämmen?

Um dem Risiko des eventuellen starke Zinsanstiegs aufgrund der Entwicklung des LIBORs entgegenzuwirken, gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Zinsdeckelung (Cap): Bestimmung einer Höchstgrenze, die der Zinssatz nicht überschreiten darf
  • Switch-Option: Umwandlung der Libor-Hypothek in eine Festhypothek gegen Entgelt

Die verschiedenen Arten des LIBOR

Die Berechnung findet für sieben verschiedene Laufzeiten statt:

  • 1 Tag („Overnight“)
  • 1 Woche
  • 1 Monat
  • 2 Monate
  • 3 Monate
  • 6 Monate
  • 12 Monate

Der 3 Monats-LIBOR USD bezeichnet also den Zinssatz, zu dem die an der Referenzzinsfindung teilnehmenden Panel-Banken bereit sind, einander Kredite mit einer Laufzeit für drei Monate zu geben. Der Bankenzins wird jeweils in einer bestimmten Währung angegeben, in diesem Beispiel handelt es sich um US Dollar.


Quellen

John C. Hull: Optionen, Futures und andere Derivate »
Klaus Köhler: Praxisbuch zu Unternehmensszenarien der Finanzierung »